V.l.n.r.: Kommunikationsvorstand Günter Ebert, Burgvogt Ulrich Schlüter, Präsident und Kommandant Hans-Günther Huold, 2. Schatzmeister Johannes Sesterhenn und Rote Funken Ex-Prinz Walter Hüsch präsentieren und erläutern den Vertretern der karnevalsaffinen Medien Kölns die Details des neuen Entlastungsbau, des Bürgerfestes zur Eröffnung und zu den besonderen Veranstaltungen im 200. Jubiläumsjahr ihrer Gesellschaft in der kommenden Session
-hgj/nj- Seit 1955, in dem die Entschuttung und der Wiederaufbau der Ülepooz durch die Roten Funken nach dem zweiten Weltkrieg begann, sind die Roten Funken Kölsche Funke rut-wieß vun 1823 e.V. an dieser Stelle zu Hause und pflegen den städtebaulich einzigartigen Turm, welcher ihnen von ihrer Heimatstadt in Erbpacht überlassen wird.
Im Laufe der vergangenen Jahrzehnte ist dieses Domizil allerdings – des sicherlich bekanntesten der neun Kölner Traditionskorps – viel zu eng geworden, so daß es bereits in 2000 erste Überlegungen gab, vorhandene Nutzungskonflikte aufzulösen und störende Funktionen aus dem Denkmal herauszunehmen. Vor 21 Jahre startete man mit der Planung eines Entlastungsbaus eine Erweiterung um die Ulrichpforte, wie der Turm der ehemaligen Stadtmauer offiziell genannt wird. Nach Abschluß der Planungs- und aufwendigen Genehmigungsphase in der zahlreiche Genehmigungsbehörden und Fachämtern involviert waren, konnte die Realisation des Entlastungsbaus Fahrt aufnehmen und steht derzeit passend vor der Jubiläumssession zum 200. Geburtstag unmittelbar vor der Vollendung.
Hierzu hatte der Vorstand der Kölsche Funke rut-wieß am 8. Juni 2022 zu einer exklusiven Führung vor der Eröffnung eingeladen, um ihren Medienpartnern die sanierten, wie auch neuentstandenen Räumlichkeiten ihrer historischen Heimat zu präsentieren. Doch nun zuerst einmal zurück zur Entstehungsgeschichte des Turms, der annähernd über 800 Jahre die kölnische Stadtgeschichte miterleben konnte.
Die Ülepooz entstand im frühen 13. Jahrhundert als ein Bindeglied der mittelalterlichen Stadtmauer, die den in dieser Zeit bestehenden Stadtkern umgab. Urkundlich wurde das mit vier Metern Weite und somit kleinstes landseitiges Stadttor erstmals vor 777 Jahren, also Anno Domini 1245 erwähnt. Erste Erdarbeiten mit Gräben und Wällen, die das Siedlungsgebiet des damaligen Köln halbkreisförmig vor Überfällen stützten sollten, begannen bereits ab 1179. Ab 1200 wurden sodann die Wälle durch den Bau einer Mauer verstärkt, in der in den Jahren zwischen 1220 bis 1250 insgesamt 16 Tore eingelassen wurden. Als eines der ersten Stadttore wurde um 1230 auch das Tor der Ulrepforte fertiggestellt, wie dies in der Historie Kölns zu lesen ist.
So ist auch bekannt, daß die Ülepooz, dessen Bezeichnung auf das Jahr 1271 zurückgeht, ein Doppelturmtor mit mehrgeschossigem Mittelbau und einer vier Meter hohen Durchfahrt war. Dieses Tor war von zwei im Halbkreis erbauten und zur Stadtseite offenen Halbtürmen flankiert, welche aus militärischer Sicht eine bessere Verteidigung boten, wie auch die Stadtmauer in diesem Bereich zusätzlich stabilisierten. Um 1450 erfolgte der Umbau zur Karthäuser Windmühle, wobei zugleich auch das Tor zugemauert wurde. Der erstmals in 1446 erwähnte Mühlenturm hatte eine Gesamthöhe von 23 ½ Metern, welcher auf der Stadtseite an den nördlichen Halbturm dran- und daraufgesetzt wurde. Der den Turm umgebende Mühlengang, welcher heute noch besteht, wird von acht Kreuzgewölben getragen. Zudem wurde dem Tor eine rechteckige und zweigeschossige Caponniere (französische Ableitung vom italienischen capone = Großer Kopf) vorgesetzt, welche wahrscheinlich noch im 15. Jahrhundert entstand.
Vor dem Übergang ins 16. Jahrhundert berichten die Roten Funken in ihrem Flyer „Zukunftskonzept ÜLEPOOZ Stadtkultur ab 1245“, daß auch die mittelalterliche Stadtmauer – die die Hansestadt Köln umgab – fertiggestellt und deren Instandhaltung um 1700 aufgegeben wurde. 1815 fand der Ausbau der Caponniere nach heutigem Erscheinungsbild statt. Wenige Jahre später endete die Nutzung des Turms als Mühle und in 1885 der Verkauf von Karthäusermühle samt Ulrepforte von der Stadt an den Unternehmer Franz Carl Guilleaume, der ein Jahr später das historische Gemäuer von Vinzens Statz restaurieren und durch diesen auch den Turmaufsatz mit hölzerne Galerie entstehen ließ.
Franz Carl Guilleaume eröffnete am 11. Juni 1886 sodann, dort unter der Hausnummer Sachsenring 42, eine Weinwirtschaft. Das Gelände umfaßte insgesamt 769 m², die sich wie folgt aufteilten: 506 m² Festungsgelände, 186 m² zur Karthäusermühle und weiteren 77 m² die zum Wohnhaus gehörten, wie dies in der freien Enzyklopädie Wikipedia beschrieben wird. Während die Caponniere als Weinkeller genutzt wurde, dienten die hierüber überbauten Räume als Weinwirtschaft. 1907 wurde das Gebäude als Schenkung von Antoinette von Guilleaume an die Stadt übertragen, in dessen Besitz es sich bis heute befindet und nach dem zweiten Weltkrieg das Domizil der Roten Funken wurde.
Diese begannen am 24. September 1955 mit der eingangs genannten Entschuttung, so daß bereits am 30. September 1956 die Einweihung ihre Heimstatt stattfinden konnte. In den 6 x 11 Jahren bis heute, wurde die Ülepooz immer wieder umfassend instand gehalten und auf Kosten der Kölsche Funken rut-wieß restauriert. So wurde 2007 das Dach in altdeutscher Deckung mit Moselschiefer eingedeckt, dessen Gelder nicht nur von den Mitglieder von Köln ältester Korpsgesellschaft stammen, sondern auch vom Verein der Freunde und Förderer der Ühlepooz „Fritz Everhan-Stiftung“ e.V., welcher wie bei zahlreichen anderen Baumaßnahmen in, am und um das Baudenkmal mitgetragen wurden.
Da die Ülepooz als Baudenkmal der Roten Funken, die auch als Botschafter Kölns und des Landes Nordrhein-Westfalen bekannt sind, wie auch der weltbekannte Dom um seinen Erhaltungswert zu erhalten einen besonderen restauratorischen Wert haben, begann die aus den Kölner Stadtsoldaten entstandene Korpsgesellschaft bereits 2002 mit der Erstellung eines vollständigen digitalen Aufmaßes mit Plänen. In dessen Folge entwickelten die Roten Funken hieraus Ideen und Planungen, die ihren Nutzungsanforderungen entsprechen und nur durch einen Entlastungsbau verwirklicht werden können.
So folgten hiernach, wie Ulrich Schlüter als Roter Funk, Burgvogt, Kammerverwalter und Architekt auf Anfrage von tpyschkölsch.de mitteilte: 2014 die Konzepterstellung: „Zukunftskonzept Ülepooz – Stadtkultur ab 1245, Zeitschichten Erkennen, Erleben, Nutzen und Erhalten“. Hieran schlossen sich im Herbst 2015 erste bauliche Maßnahmen zur Erstellung von Rettungswegen und im Herbst 2018 die Erteilung der Baugenehmigung für „Entlastungbau“ und der Rückbau der Toiletten zum Öffnen der historischen Pforte an.
Für die neu zu erstellende Fläche – mit zirka 330 m² – zwischen dem Rote Funken-Turm und dem Nachbargebäude Sachsenring 40 – die bis auf den gläseren Zugangsbereich samt barrierefreien Aufzug vom Karthäuserwall, wie auch vom Sachsenring nicht sichtbar unterhalb der des Straßenniveaus liegen, begann im Frühjahr 2019 der Baubeginn der Tiefbauarbeiten des Entlastungs- und Erweiterungsbaus. Der Beginn der Roharbeiten dieses Bauabschnittes startete im Oktober 2020 und wird im Sommer dieses Jahres vollendet sein.
Hiermit erfüllt Kölns älteste Korpsgesellschaft, die in der kommenden Session auf 200 Jahre bewegte Stadtgeschichte mit allen Höhen und Tiefen zurückblickt, nicht nur alle Voraussetzungen des Brandschutzes, von Rettungswegen und einer behindertengerechten Nutzung, sondern bringt auch noch viele weitere Vorteile mit sich, welche der Karnevalsgesellschaft entgegenkommen. So wurde die räumliche Situation der Nutzung entschärft, da einige Bereiche im lichtdurchfluteten Entlastungsbau untergebracht werden konnten, wie die Geschäftsstelle der Gesellschaft, Kleiderkammer, Toilettenanlagen, Lagerräume, Küche und die neue Klimazentrale, die allesamt in diesem Terrain um den neuentstandenen Innenhof sichtbar oder verborgen ihren Platz gefunden haben.
Aus diesem glasumgebenden Bauteil hat man über den Innenhof einen Blick auf die im Original erhaltene preußische Fassade, welche vor Baubeginn gänzlich von Erdreich verdeckt bei den Ausschachtungsarbeiten für Überraschung sorgte. Das preußische Mauerwerk zeigt sich einschließlich der kleinen und großen Schießschachte bestens erhalten, durch die nunmehr in das Untergeschoß der Caponniere Tageslicht einströmt.
Aber nicht nur im Neubau der Roten Funken wurde gewerkelt und geschafft, auch im Bereich der Caponniere in der sich das Funkenleben innerhalb und außerhalb der Session abspielt, sind viele Veränderungen eingetreten. so wurde im Untergeschoß, welches nun in Gänze mit dem Neubau das Erdgeschoß darstellt, der Küchentrakt entkernt, so daß dieser Bereich zum Teil des Exerzierkellers zählt und bei Zusammentreffen und Versammlungen bis in den letzten Winkel nutzbar ist. Gleichzeitig wurde die Lüftungsanlage nach gesetzlichen Vorgaben erneuert und verbraucht erheblich weniger Energie, da mittels Wärmepumpe nur 20 Prozent neue Energie zugeführt werden muß. Zudem ist hier auch ein neuer Steinfußboden verlegt worden, welcher wie das neue Lichtkonzept innerhalb der Räume ins Konzept des Denkmalsschutzes paßt.
Die Ülepooz, welche schon immer ein besonderes Erlebnis für Funken, Bürger und Besucher war, wird auch künftig für Jeden eine besondere Erlebnisort bleiben, da die Räumlichkeiten und der kleine nicht überdachte Innenhof für jedwede Veranstaltung angemietet werden kann. Auch die seit Jahren beliebten Trauungen, – innerhalb des alten wie markanten Gemäuers der Kölner Stadtgeschichte – sind weiterhin willkommen und dürften für Brautpaare und deren Gäste ein besondere Ambiente mit bleibendem Erinnerungswert sein.
Im Turm der Ülepooz sind weiterhin unter anderem der Gedenkraum für verstorbene Kameraden und weitere Bestände der Roten Funken untergebracht. Das größte Bauprojekt in der 199jährigen Geschichte der Roten Funken, welches die komplette Amtszeit ihres amtierenden Präsidenten Heinz-Günther Hunold betrifft, umfaßt Gesamtbaukosten in Höhe von zirka € 3.600.000,00, wovon rund € 1.500.000,00 aus Eigenmitteln und Spenden generiert und € 2.100.000,00 von öffentlichen Förderern wie dem Lad Nordrhein-Westfalen, der Stadt Köln, der NRW-Stiftung, Aktion Mensch und der Deutschen Stiftung Denkmalschutz stammen.
Die Einweihung des Entlastungsbaus mit kirchlicher Weihe, Ansprachen von Oberbürgermeisterin Henriette Reker und der nordrhein-westfälischen Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung Ina Scharrenbach, Auftritten von Funken und anderen Kölner Größen des Fastelovends, wie auch zahlreichen Attraktionen und kulinarischen Angeboten, findet sodann nach der Phase von Einbau markanter Accessoires und Endreinigung am Sonntag, 19. Juni zwischen 11.11 Uhr und 18.23 Uhr statt.
Im Übrigen, ändert sich auch ab diesem Tag die Anschrift der Roten Funken, welche sodann nicht mehr Sachsenring 42, sondern Ulrepforte 1, 50677 Köln, lautet. Somit haben die Kölsche Funke rut-wieß vun 1823 e.V. wie ihre Schwesterkorps der Blauen Funken und der Prinzen-Garde Köln, eine im Bezug ihres Turms stehende eigene Postanschrift.
Quelle und Fotos: © 2022 Hans-Georg „Schosch“ und Niklas Jäckel/typischkölsch.de; Grafik Einweihung: Kölsche Funke rut-wieß vun 1823 e.V.
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