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„Jan von Werth“: „Hinger d´r Britz“ ist ein besonderes Format im Kölner Sitzungskarneval

-nj- Bei der Sitzung „Hinger d´r Britz“ des Reiter-Korps „Jan von Werth“, herrscht absolute Geschlechtertrennung. Zumindest in der ersten Abteilung des Jeckespill, bei dem die Herren in der rechten Saalhälfte platznehmen und mit den Damen auf der linken Seite nur verbal Kontakt aufnehmen können, da zwischen Männlein und Weiblein eine Wand, „op kölsch“ also „Britz“ aufgebaut ist.

Diesen jecken „Un“-Sinn haben sich die „Jan von Werther“ vor rund sieben Jahren einfallen lassen, allerdings nicht an den Spaß und Erfolg geglaubt, der dieses Format seit je her mit sich bringt. Nicht nur um der Veranstaltung einen Namen zu geben, sondern auch damit man sich gegenseitig durch Zurufe anheizt, anstachelt oder ausspielt, wurde der Name „Hinger d´r Britz“ erfunden und avancierte zur Marke im Kölschen Fastelovend.

Hierfür hatte Präsident Stefan J. Kühnapfel, der zugleich auch Literat der 9 x 11 Jahre tradierten Gesellschaft ist, wieder ein buntgemischtes Programm zusammengestellt, bei dem die Mädels bei weiblichen Rednern die Nase vorn hatten, die Männer absolut bei männlichen Akteuren auf ihre Kosten kamen. Bei Bands vernahmen beide Fraktionen, daß der Fastelovend der Domstadt eine Sache für jeden Geschlechtsunterschied ist.

Nach dem Einzug des Elferrates, gönnte man den Jungs von „Schamöör“ mit ihren Hits die ersten Minuten, die „Häre“ und „Wiever“ in einen Gleichklang brachten. Anders sah dies beim Auftritt von Anette Esser aus, die in ihrer Rolle als „Achnes Kasulke“ mit Kittel, Kopftuch und Wischmopp als „letzte deutschsprachige Putzfrau vor der Autobahn“, den Kehricht der Bühne auf der Seite des Herrenblocks liegen ließ. Bei ihren Erzählungen über das eigene Eheleben mit ihrem Erwin, skandierten die Männer immer wieder „Erwin, Erwin“, so daß die Damen den Spieß umdrehten und im Gleichklang lauthals „Annette, Annette“ riefen. Letztendlich kehrte wieder Frieden ein, da nach dem brillanten Beitrag von „Achnes Kasulke“ mit „Miljö“ wieder eine Band auf dem Podium stand, deren Lieder versöhnlich wirkten.

Und nun, wendete sich das Blatt, mit bei der Rede von Volker Weininger, der in seiner Type als „Sitzungspräsident“ selbstverliebt von seinen Exkursionen in den Kölsch-Paradiesen der Kölner Altstadt erzählte und auch einen Einblick ins Vereinsleben seiner KG „Raderdolle Spritköpp“ gab. Dies zeigte den Mädchen im Saal mal wieder, daß man sich nicht oder nur begrenzt auf sein Altargeschenk verlassen kann, welches auch nur sehr begrenzt bei der Hausarbeit und Erziehung der Kinder einsetzbar ist, allerdings in Kneipen einen Bierdeckelrekord nach dem anderen zu Stande bringen kann. Jetzt benötigte Stefan Kühnapfel einen rhetorischen versierten Schlichter, wozu „Der Mann für alle Fälle“ (Guido Cantz) Schiedsmann war, und mit flotten Sprüchen und Witzen für und gegen Männer und Frauen die Wogen im Saal glätte.

Mit der Pause, nach Guido Cantz, erfolgte der Umbau des Saals, wodurch Tische und Stühle und die Paravants, wenn man die „Britz“ so umschreiben darf, ausschließlich durch die „MÄNNER“ des Reiter-Korps aus dem Saal entfernt wurden. Hierbei näherten sich beide Geschlechter in dem mit nunmehr Stehtischen bestückten Haus gegenseitig an, und merkten, daß das Zusammensein zwischen Mann und Frau sowohl im Karneval, in Ehe und Partnerschaft, doch die beste Angleichung der Evolution für alle ist.

Zum Opening der zweiten Halbzeit, brillierten die „Rheinmatrosen“ der G.M.K.G. mit prächtigen Bildern, Hebungen, rasanten Wechseln und sehr vielen Würfen, mit denen die Jungs ihre Tänzerinnen durch die Luft schleuderten. Hiernach sonnte „Et fussisch Julche“ (Marita Köllner) sich im gutgelaunten „Jewöhl“ des „Fastelovends-Schmölzje“, die eine bunte Mischung ihrer Evergreens intonierte, welche beide Klientelen gerne hörten. „Kasalla“, ist wie viele Bands, ebenfalls ein musikalischer Allrounder, der bei Frauen wie auch bei Männern ankommt, so daß zu deren Hits das komplette Publikum in Uniform und Kostümchen schunkelte und die Lieder anstimmte.

Neu, aber absolut Spitze, war der gemeinsame Auftritt von „J.P. Weber“ (Jörg Paul Weber) und Ken Reise als „Julie Voyage“, welche mit spitzen Zungen und reichlich Musik die Jecken im Ostermann-Saal des Sartorys in Hochstimmung brachten. Den Abschluß des 2024er „Hinger d´r Britz“-Spektakels gehörte in die Hände der Damenband „Mätropolis“ und den Jungs der Band „Tachles“, so daß auch hier ein Ausgleich stattfand und man(n) und frau hiernach gemeinsam die Herrensitzung bei Kölsch, Hustensaft (reichlich Asbach mit einem Spritzer Coca-Cola), sowie die Mädchensitzung mit Aperol und Prosecco ausklingen ließen.

Ach ja: Im Verlauf des „Paradies für Redner“, wie Presseoffizier Chris Schmitz die Veranstaltung bezeichnet, ernannte Frank Breuer als Vorsitzender und Korpskommandant Ralf Krott (Wurmaterial365) aufgrund seiner Verdienste um das Reiter-Korps zum neuen Leutnant ehrenhalber.

Quelle: © 2024 Hans-Georg „Schosch“ und Niklas Jäckel/typischkölsch.de
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